Samstag, 24. April 2010

Soziale, kirchliche und politische Erdbeben


Mittwoch, der 21. April 2010


Von Concepción reiste ich zurück nach Santiago und weiter an die Küste nach Valparaíso. Dort besuchte ich die Gemeinden mit Pfarrer Rudolfo Oliveira. Die Gemeinden in und um Valparaíso gehören heute zur Lutherischen Kirche in Chile (ILCH). An den beiden lutherischen Kirchen werden die gesellschaftlichen Spannungen in Chile deutlich.


Kirche in Valparaíso
Wie in den meisten lateinamerikanischen Ländern ist auch in Chile der soziale Gegensatz sehr groß. Durch das Erdbeben ist dies wieder bewusst geworden.

Diese Gegensätze finden sich auch in den Evang.-Luth. Kirchen wieder.

Zur Geschichte:
Im Jahr 1959 wurde die Deutsche Evangelische Kirche in Chile zur Iglesia Evangélica Luterana en Chile (IELCH) umbenannt. Damit drückte man aus, dass man zukünftig als nationale Kirche in Chile, zwar mit deutschsprachigen Wurzeln aber im chilenischen Kontext Kirche sein wollte.
Die Kirche öffnete sich den sozialen Belangen der Menschen auch außerhalb des direkten deutschen Umfeldes. Es wurde dafür die Diakonie gegründet.
Nach 110 Jahren nachdem die ersten Lutheraner nach Chile gekommen waren, versuchte man aus dem selbst gewählten Ghetto heraus zu kommen, in dem man sich den Menschen spanischer Sprache deren ihrer Anliegen zuwandte.

Es dauerte aber noch bis anfangs 1970, dass man sich bewusst machte, die drei babylonischen Mauern welche die Kirche im Ghetto hielten (die sprachliche, die kulturelle und die gesellschaftliche) niederzureißen. Die Kirche begann sich sozial zu engagieren und aus diesen diakonischen Anfängen wuchsen dann auch verschiedene eigenständige Gemeinden heraus.

Der Militärputsch im Jahr 1973 teilte aber die Kirche. Die IELCH erklärte eindeutig, dass sie sich auf die Seite der Leidenden stellen wolle. „Die Kirche Jesu Christi ist berufen ihrem Herrn im Leiden zu folgen und zum Dienst an den Menschen über alle Rassen- und Religionsgrenzen und über politische Überzeugungen hinweg gerufen.“

Nicht alle Kirchenglieder waren mit der Ausrichtung ihrer Kirche hin zu mehr sozialem und politischem Engagement einverstanden. Der Konflikt zwischen einem großen Teil der Gemeindeglieder, die zur oberen Mittelschicht gehörten und den ärmeren Gemeinden, die sich um die politischen Gefangenen des Militärregimes kümmerten, konnten nicht mehr ausgeglichen werden und es kam zur Kirchenspaltung.

Im Jahr 1975 schlossen sich die Befürworter des Pinochetregimes zur Iglesia Luterana en Chile – ILCH (der größere Teil der Gemeinden) zusammen. Bis heute sind die Kirchen getrennt und repräsentieren die verschiedenen sozialen, gesellschaftlichen und politischen Schichten des Landes.
Ermutigend ist, dass Gespräche geführt werden und die Zusammenführung der beiden lutherischen Kirchen geplant ist.

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