Dienstag, 1. Februar 2011

Nicaragua - Ein Bericht von Lena Sänger

Erstemaleaufdemland
In der vergangenen Woche habe ich so einiges zum allerersten Mal erlebt!

Einmal raus aus dem Lebensstandard, den ich in Managua habe. Kein Internet, kein Handyempfang, keinen Strom, keine Toilette, keine Dusche, kein Waschbecken, keine Matratze, keinen festen Boden, kein verschlossenes Dach, keine Haustür. Aber dafür jede Menge wundervolle Natur, Freundlichkeit, Gastfreundschaft, Schlichtheit!

3 Mal umsteigen, 8 Stunden Busfahrt, dann ist man in Rodeito, einem kleinen Dorf an der Grenze zu Honduras. 10 km noch und man ist im Nachbarland. Aber es gibt noch genug in Nicaragua zu erkunden und zu erleben.

Dazu möchte ich euch Gerzan Alvarez vorstellen, ein Mann von etwa 55 Jahren, ein Lebenskünstler!

Bauer, Pastor, Tierarzt, eine Art Hilfsbürgermeister....ein Mann für alles! Er ist in Rodeito aufgewachsen, hat dort selbst eine Familie gegründet, 2 Töchter und 3 Söhne, alle schon erwachsen. Einige leben noch in ihrem Geburstsort, andere sind in die nächst größere Stadt gezogen. Denn das Leben in Rodeito ist hart! "La vida es muy dura!", erzählt Gerzan mit einem verschmitzten Lachen. Aber er versucht es, so einfach wie möglich zu nehmen. Er hat Freude bei seiner Arbeit.

Weil er weiß, wie wichtig seine Dienste für die Gemeinde sind. Er ist Pastor in sechs Gemeinden, die alle an Rodeito grenzen, aufgrund des schlechten Weges jedoch mit dem Fahrrad jeweils mindestens eine Stunde voneinander entfernt zu erreichen. Ich wollte Gerzan begleiten, doch bei 40 Grad über Stock und Stein mit nicht funktionierenden Bremsen und den noch unverdauten Bohnen vom Frühstück im Magen ließen mich den Weg leider nicht bestreiten.

Ich musste umkehren und mich den Rest des Tages in der Hängematte ausruhen, so überanstrengt hat mich die halbstündige Fahrradfahrt! Dafür habe ich dann seine Ehefrau in eine der anderen Gemeinden zu Fuß begleitet und dort sehr denkwürdige Gespräche mit den Einheimischen geführt. Wenn man hört, dass sich die überwiegende Mehrheit der Familien (alles Bauern) den Sack (ein Pfund) Bohnen nich leisten kann, weil sie die 20 Cordoba (entspricht ca. 1 $) nicht aufbringen können, dann fängt man schon ernsthaft an, über die Verteilung des Geldes in dieser Welt nachzudenken...

Für die Menschen in Rodeito und Umgebung liegt die einzige Hoffnung und Freude in Gott.
Beim Gottesdienst, der mit einer Bibel und einem Gesangsbuch in einer einfachen Lehmhütte durchgeführt wird, singen sie laut und deutlich "Alabare" (Wir loben dich Herr, wir danken dir!)Aber nicht nur solche Begegnungen, auch Begegnungen tierlicher Art hatte ich einige! Auf dem Plumpsklo mit Kakalaken, Ameisen, Fliegen und Bienen zum Beispiel ;-) Und in meinem Schlafsack mit einem Skorpion! Ja, er hat mich gestochen! Ja, es hat höllisch wehgetan (vergleichbar mit einem Bienenstich, nur 5 Mal schmerzhafter)! Ja, ich hatte Angst, dass es sehr gefährlich ist! Und nein, es ist nicht sehr gefährlich, solange man nicht allergisch ist und keine besonders giftige Art erwischt. Aber ich hatte Glück und nach 4 Stunden ist mein Daumen wieder abgeschwollen. Gerzan und seine Frau hatten die passenden Mittelchen parat: Zahnpasta gegen die Schwellung und Kaffee, damit sich die Zunge nicht entzündet, was anscheinend eine oftmalige Begleiterscheinung ist.

Nun kann ich immerhin behaupten, ich habe einen Skorpionstich überlebt ;-) Am Abend saßen wir wieder vergnügt beieinander und haben uns eine Folge einer der vielen unsäglichen mexikanischen oder spanischen Telenovelas angeschaut. Denn seit Kurzem hat Familie Alvarez eine Solarzelle auf dem Dach, damit sie wenigstens ein bisschen Strom erzeugen kann. Dieser wird dann aber nicht zum Kochen oder Ähnliches benutzt, sondern um sich eine Stunde abzulenken mit den Problemen von weißen reichen Geschäftsmänner und ihren hübschen Frauen.

Absurd, aber verständlich! Doch diese Art der Distraktion ist Gott sei Dank nicht das Highlight eines Feierabends! Wenn eh schon alle Nachbarn zum fernsehen vereint sind, lässt sich hinterher auch noch gepflegt eine Runde Karten spielen! Und mit welcher Freude und welchem Enthusiasmus! Bilder sagen mehr als Worte...Aber eigentlich wollte ich ja erzählen, was ich alles das 1. Mal erlebt habe, mal abgesehen von dem ärgerlichen Skorpionstich...Ich bin zum 1. Mal geritten! Ich habe zum 1. Mal in Nicaragua eine noch unreife, also saure, aber leckere Mango gegessen! Ich habe zum 1. Mal gesehen, wie Honig aus Bienenwaben gepresst wird! Ich habe zum 1. Mal eine Kuh gemolken! Und ich habe zum 1. Mal Weltabgeschnittenheit gespürt und genossen! Auf viele weitere Male!!! ;-)

Eingestellt von Lena Saenger am Sonntag, 30. Januar 2011 : www.nicaraguensa.blogspot.com

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